Gehaltsforderung von 10 Prozent ist für die Essener AWO nicht zu stemmen
„Selbstverständlich gehört es zu unseren Grundsätzen, dass jeder Arbeitnehmer auskömmlich für seine Arbeit bezahlt wird. Wir gehören nicht zu den Arbeitgebern, die sich wie manche andere aus der tariflichen Bindung verabschiedet haben. So stehen wir auch zu dem Angebot, mit dem die AWO NRW in die laufenden Gehaltstarifverhandlungen gegangen ist. Die Forderung der Gewerkschaft ver.di nach einer 10-prozentigen Gehaltssteigerung würde die finanzielle Leistungsfähigkeit der AWO Essen weit übersteigen.“ Für Oliver Kern, Geschäftsführer des Essener AWO Kreisverbandes, ist eine solche Forderung völlig realitätsfern: „Wir erbringen als Sozialverband Leistungen für die Öffentlichkeit. Da kann man nicht einfach bei Pflegekassen, Kommunen oder dem Land sagen, dass man die Preise erhöht, um die Lohnsteigerungen auszugleichen. Im Jahr würde eine 10-prozentige Gehaltssteigerung für die Essener AWO Mehrkosten in Höhe von rund 4,6 Millionen Euro betragen. Das ist beim besten Willen nicht zu leisten!“

Kern weist in diesem Zusammenhang auf die gemeinsame Erklärung hin, mit der die AWO in Nordrhein-Westfalen auf den aktuellen Stand der Tarifverhandlungen reagiert hat:
Die NRW-Arbeiterwohlfahrt fordert die Gewerkschaft ver.di zum Auftakt der aktuellen Tarifrunde dazu auf, „auf den Boden der Sachlichkeit zurückzukehren“. Die Forderungen, die die Gewerkschaftsvertreter vorlegten, stammten eher aus dem Zauberhut klassenkämpferischer Phantasien als aus der sozialpolitischen Wirklichkeit.
Die AWO hatte schon im November ein hervorragendes Angebot vorgelegt und sich dabei an den Abschlüssen des öffentlichen Dienstes orientiert: Bei einer Laufzeit von 30 Monaten (Beginn 1. Dezember 2018) sollen die Löhne und Gehälter der Beschäftigten danach um insgesamt sieben Prozent steigen – und zwar in drei Stufen. Im ersten Jahr (ab 1.1.2019) ist ein Plus von 3,2 Prozent vorgesehen, im zweiten Jahr (ab dem 1.1.2020) 3,0 Prozent, in den verbleibenden fünf Monaten bis zum 31. Mai 2021 noch 0,8 Prozent. Dies sei ein Signal zum hundertjährigen Bestehen der Arbeiterwohlfahrt.
Ver.di hingegen verlangte runde Zahlen zum Jubiläum: unter anderem eine Erhöhung aller Monatslöhne um gleich zehn Prozent bei einer Laufzeit von 13 Monaten, 100 Euro mehr für die Ausbildungsvergütung sowie eine hundertprozentige Gleichbehandlung der OGS -Mitarbeitenden mit den Kita -Mitarbeitenden. „Eine nette Zahlenspielerei“, so Verhandlungsführer Gero Kettler. „Mehr aber auch nicht.“ Schließlich müssten die Tarifforderungen anschließend auch gegenüber der öffentlichen Hand durchgesetzt werden – und das lasse schon die Gesetzeslage gar nicht zu. „Wir wünschen unseren 65.000
Beschäftigten auch eine bessere Entlohnung – schon um die Attraktivität der Berufe in Erziehung und Pflege zu steigern. Aber an der staatlichen Finanzierung der Einrichtungen völlig vorbeizuschauen, heißt die Mitarbeitenden nicht mehr ernst zu nehmen und ihnen Theater vorzuspielen.“
Vor diesem Hintergrund setze die AWO auf lange Laufzeiten als Grundlage für eine solide Refinanzierung der Lohn- und Gehaltszulagen. Gesprächsbereitschaft signalisierte ihre Tarifkommission am Mittwoch auch für angemessene Verbesserungen bei den Ausbildungsvergütungen. Mehr sei aber nicht machbar.
Ver.di sei nun am Zug, „bis zur nächsten Verhandlungsrunde am 29. Januar 2019 eine ernst zu nehmende Verhandlungsposition zu entwickeln“.