Die AWO Essen macht Druck in Berlin und fordert Unterstützung

Armutsbekämpfung, Verteilungsgerechtigkeit, sozialer Wohnungsbau und Krisenhilfen

Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) Essen hat sprichwörtlich „den Kaffee auf“. Bereits anlässlich des 5. Armutsberichts der Bundesregierung 2018 hatte der Sozialverband eindrücklich davor gewarnt, dass die Schere zwischen Arm und Reich in Deutschland bedrohlich auseinanderdriftet und die Gesellschaft spaltet. Anlässlich des aktuellen 6. Armutsberichts hatte die AWO Essen zu einer Sozialkonferenz im Julius-Leber-Haus in Kray eingeladen. Auch Michael Groß, Präsident des AWO-Bundesverbands, war zu Gast und erzählte davon, dass die Menschen erschöpft seien und zwar auch die, die sich um Hilfebedürftige kümmern.

Geschäftsführung, Ehren-Vorsitzender und Vorstandsmitglieder des AWO-Kreisverbands Essen machten sich deshalb auf den Weg nach Berlin, um dem AWO-Bundesverband sieben Forderungen zu präsentieren sowie um Unterstützung zur politischen Durchführung zu bitten. Der stellv. AWO Essen-Vorsitzende Klaus Persch nannte sie: „Kein Kind darf in Armut aufwachsen, die Kindergrundsicherung muss kommen. Die Betreuungssituation in Kitas muss verbessert werden. Der soziale Wohnungsbau muss gestärkt werden. Arbeit muss durch eine weitere Anhebung des Mindestlohns und Beachtung von Tarifverträgen gerechter bewertet werden. Armen Menschen muss gezielter geholfen werden. Altersarmut muss auch mit einer Grundrente bekämpft werden. Energie, Wärme, Wasser, Gesundheit - diese Daseinsvorsorge gehört in staatliche Hände.“ AWO Essen-Geschäftsführer Oliver Kern machte deutlich: „14 Mio. Menschen in Deutschland sind von Armut betroffen, darunter drei Mio. Kinder. Jeder fünfte Rentner lebt unterhalb der Armutsgrenze. Als Sozialverband, der sich um diese Menschen kümmert, wollen wir nicht länger wie Bittsteller auftreten müssen. Inflation und Energiekrise werden die AWO Essen allein acht Mio. Euro jährlich mehr kosten. Die Politik muss Sozialverbände vollumfänglich mit Finanzmitteln ausstatten, damit wir der Verantwortung gegenüber den uns anvertrauten Menschen weiterhin gerecht werden können.“ Um diese Problematik in eine breite Diskussion zu bringen, forderten die Essener eine Öffentlichkeitsarbeits-Offensive des AWO-Bundesverbands. AWO Essen-Ehren-Vorsitzender Klaus Johannknecht: „Die AWO hat bundesweit kein Gesicht und in der politischen Diskussion zu wenig Gewicht. Die Hauptamtlichen und die Ehrenamtlichen, die sich aufreiben, sind enttäuscht, dass niemand für sie spricht und die Dinge konkret beim Namen nennt. Z.B. 120 Euro Taschengeld im Monat für Bewohner eines Seniorenzentrums, die davon anteilig Krankenfahrten, Medikamente, ihre Brille und dann ja auch oft Friseur und Fußpflege bezahlen sollen. So eine Ungerechtigkeit gehört in die gesellschaftliche Diskussion.“ AWO Essen-Vorstandsmitglied Uwe Hesse erwartet vom Bundesverband auch übergreifende Unterstützung beim Thema Digitalisierung: „Es kann nicht sein, dass hier jeder Kreisverband in Deutschland auf eigene Faust unterwegs ist.“ AWO-Bundesverbandsvorstandsmitglied Selvi Naidu nahm Kritik und Anregungen offen an: „Ich freue mich über einen so aktiven Kreisverband und ja, wir müssen schnell daran arbeiten, dass das Wort der AWO in Deutschland wieder mehr zählt.“

Hintergrund:

Die AWO Essen ist der größte AWO-Kreisverband in Deutschland mit über 6.500 Mitgliedern, 1.500 haupt- und über 1.000 ehrenamtlichen Kräften.

Autor*in Detlef Leweux
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