„Wir als AWO sind zuverlässig, wir weichen unsere Werte nicht auf“

Redner beschwören beim 41. AWO Fischessen den sozialen Zusammenhalt

„Der Wels in der Brandung“: Beim 41. Fischessen der Essener AWO klang das Motto des traditionellen Empfangs am Aschermittwoch für die über 80 Gäste im Kurt-Schumacher-Zentrum in Überruhr beim ersten und zweiten Hören mit Sicherheit ein bisschen gaga – doch nach den mitunter eindringlichen Reden des AWO Präsidiumsvorsitzenden Klaus Persch, der SPD-Oberbürgermeister-Kandidatin Julia Klewin und dem Präsidenten der Europäischen Schausteller-Union sowie des Deutschen Schaustellerbundes Albert Ritter, die allesamt den sozialen Zusammenhalt beschworen war klar, dass das Wortspiel mit dem schuppigen Gesellen auf einen ziemlich ernsten Hintergrund anspielt. Denn wohl selten zuvor war die Solidargemeinschaft so bedroht wie heutzutage und selten zuvor ist das Eintreten dafür so wichtig wie heute. Und da ist die Essener AWO auch an ihrem 105. Jubiläum „Der Fels in der Brandung“. Durch die Veranstaltung führte die AWO Vorständin Claudia Osterholt, assistiert von ihrem Vorstandskollegen Oliver Kern.

Der AWO Präsidiumsvorsitzende Klaus Persch schaute zunächst zurück: „Noch immer haben wir – und viele von euch bestimmt ebenso --- den Wahlsonntag vor eineinhalb Wochen in den Knochen stecken. Es tut mir persönlich richtiggehend weh zu sehen, wie gering in breiten Schichten der Bevölkerung Anstand, Moral und Respekt für alle Menschen geachtet wird“, kritisierte er. Als Oberhaupt der AWO in Essen ist es für ihn keine Frage, welche Reaktion der soziale Träger nun zeigen muss: „Umso wichtiger ist es jetzt für uns zu zeigen, dass wir unverrückbar zu unseren Werten Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität und Toleranz stehen! Der gesellschaftliche Frieden hängt direkt und unmittelbar damit zusammen. Wir als AWO sind zuverlässig, wir weichen unsere Werte nicht auf und wir erheben weiterhin unsere Stimme für die Menschen in unserer Gesellschaft, die Hilfe benötigen.“

Und das ganz praktisch, auch daran erinnerte er: „Die geplanten Kürzungen im sozialen Bereich in Nordrhein-Westfalen bedrohen die Existenz zahlreicher unverzichtbarer Angebote. Soziale Beratungen, Familienhilfen, Integrationsprojekte und viele weitere essenzielle Dienstleistungen stehen auf dem Spiel. Diese Einsparungen gefährden nicht nur die soziale Infrastruktur, sondern auch den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Lassen Sie uns weiterhin gemeinsam für soziale Gerechtigkeit kämpfen und den sozialen Frieden in unserer Stadt und unserem Land bewahren! Denn nur gemeinsam sind wir stark“, schaute er kämpferisch nach vorne.

Auch die OB-Kandidatin Julia Klewin wusste die Zeichen der Zeit zu deuten. Sie erinnerte an die Essener Kriminalitätsstatistik, laut der 20 Prozent der Straftäter Kinder und Jugendliche sind. „Das ist ein sicheres Zeichen, dass wir falsch abgebogen sind. Aber fast jeder Täter war auch irgendwann Opfer. Meistens von Verhältnissen die größer sind als der einzelne Mensch“, ordnete sie ein. „Wir haben es versäumt, diesen Menschen einen Morgen ohne Sorgen zu bereiten.“ Doch wie kann man die Verhältnisse verbessern, allen Menschen eine Heimat anbieten? „Ich weiß dass die AWO unermüdlich dafür eintritt, dass es diesen Menschen besser geht. Heimat entsteht da, wo Sie sich engagieren. In den Kitas, den Jugendhäusern, den Beratungsstellen, den Pflegeeinrichtungen, den Seniorenclubs“, stellte sie fest.

Schausteller-Präsident und Sozialdemokrat Albert Ritter unterstrich: „Wir dürfen unsere sozialen Institutionen nicht alleine lassen. Die Arbeit muss unterstützt, gefördert werden!“

Und nach dem Fels kam der Wels – doch halt: Vor dem großen Fischessen entführte Sängerin Veronika Maruhn noch die Gäste in die Welt der Gründungszeit der Essener AWO, die 1920er-Jahre. Gekonnt legte sie mit Begleitung am Piano ein 30-Minuten-Prgramm aufs Parkett des großen Saals im Zentrum, bei dem auch immer mal wieder gelacht werden konnten. Ob sie allerdings mit dem Stück „Mein kleiner grüner Kaktus“ auf die gerade verflossene Ampel anspielte, verriet sie nicht.

Dann endlich der Wels? Leider nein, jedoch hatten die Küchen der AWO Seniorenzentren ein Buffet mit u.a. Rotbarsch, Lachs, Forelle, Makrele und vielem mehr vorbereitet. „Wir danken den Küchenteams und allen anderen Beteiligten ganz herzlich für ihren großen Einsatz“, so AWO Vorstand Oliver Kern. Der Wels wurde jedenfalls mit Sicherheit nicht vermisst. Allerdings hätte er als dämmerungsaktiver Raubfisch auch gar nicht richtig ins übergeordnete Sinnbild gepasst, beim 41. Fischessen der AWO.

Autor*in Markus Grenz
Interesse geweckt? Wir freuen uns auf Sie!