Ich bin AWO Teil V: Erni Broszik ist Urgestein im Einsatz für die Unterstützung Hilfebedürftiger

Bergerhauser ist seit Jahrzehnten AWO-Mitglied, Falke und Sozialdemokrat

Langjähriger Sozialarbeiter; ehemaliger Leiter eines Männerwohnheims; Mitbegründer des Vereins für Kinder- und Jugendarbeit in sozialen Brennpunkten (VKJ); ehemaliger Jugendleiter und Jugendschöffe; ehemaliger Stadtrat; Ruhrpottbarde; Akkordeon-Spieler; Teilzeit-Nikolaus; aktiv im „Verein für Geselligkeit“, ein Verein, der 1923 aus der Bergarbeiterjugend entstanden ist, Ehrenamtlicher, der auf vielen Hochzeiten tanzt: Will man den Vorsitzenden des AWO Ortsvereins Bergerhausen kurz und knackig anhand der Aktionsfelder charakterisieren, in denen er in seinen mittlerweile 75 Lebensjahren tätig war und ist, dann läuft man schnell Gefahr, sich hoffnungslos zu verzetteln. Denn Ernst „Erni“ Broszik hat im Grunde sein ganzes Leben denen gewidmet, die Unterstützung gut gebrauchen können.

„Ich denke, dass mich die ,Sozialistische Jugend Deutschlands – Die Falken‘, die SPD und die Arbeiterwohlfahrt am stärksten geprägt haben“, stellt Erni Broszik fest, nachdem er keine zehn Sekunden darüber nachgedacht hat, was denn seine „Leitplanken“ waren, an denen er sich auf seinem Lebensweg orientiert hat. Bei allen Vereinigungen steht er seit Jahrzehnten in den Mitgliederlisten, 60 Jahre Falken, 55 Jahre SPD, 46 Jahre AWO – und eine „Karteileiche“, die ist er nie gewesen. Dass diese sprichwörtliche „rote Linie“ in seinem Lebenslauf keine Fragen mehr nach seiner ganz persönlichen „Mission“ im Leben offenlassen, liegt auf der Hand: „Die Frage der Solidarität und Einsatz für die Schwächeren oder auch Schwächsten der Gesellschaft ist ja bei allen Dreien im Vordergrund“, erläutert er.

Aufgewachsen im seinerzeit noch ziemlich von Kohle geschwärzten Kray mit drei Generationen in einem Zechenhäuschen, hat er Arbeiter- und Bergmannsluft quasi mit der Muttermilch eingesogen. „Wenn mein Oppa von der Schicht auf der Zeche Bonifacius kam, dann durfte ich immer vor ihm in die Badewanne. Denn danach war das Wasser schwarz“, erinnert er sich. Doch sein Vater, der selbst schon einen „sauberen“ Job bei der RWE hatte, wollte, dass sein Sprössling bei der Arbeit nicht im Dreck wühlen musste und Erni begann eine Lehre als Industriekaufmann, war danach tätig als Lohnbuchhalter. Aber schon vorher mit 13 Jahren hatten die Eltern ihrem Erni die erste „Quetsche“, das erste Akkordeon geschenkt, und damit eine lebenslange Leidenschaft gestiftet.

Doch für den Kaufmann in der Energiewirtschaft, da hatte ihn seine wahre Passion schon „verdorben“. Seit Ende der 1950er-Jahre war Erni Broszik bereits Mitglied bei den Essener Falken, bei denen er zunächst in Ferienzeltläger mitfuhr, hinterher selbst welche für die Sozialistische Jugend mitorganisierte oder leitete. Und auch sonst seine Freizeit verbrachte, wenn er nicht gerade auf dem Fußballplatz herumturnte oder mit der Quetsche übte. Bei den Falken lief ihm dann der spätere AWO-Geschäftsführer Horst Radtke über den Weg – eine ziemlich folgenreiche Begegnung.

„1967 haben wir zusammen angefangen, die Obdachlosensiedlungen zu besuchen, um zu helfen. Und das hat sich dann immer weiterentwickelt. Wir haben die Menschen bei Problemen mit Institutionen unterstützt, mit Eltern Kaffee getrunken, Spielangebote für die Kinder auf die Beine gestellt und vieles mehr“, berichtet Erni Broszik. Der Bedarf nach dieser Pionierarbeit war scheinbar gewaltig, innerhalb von drei Jahren waren Broszik, Radtke und andere in zwölf Siedlungen aktiv. Radtke, mittlerweile Sozialarbeiter bei der AWO, legte seinem Gefährten nahe, das „soziale Ding“ einmal „vernünftig“ anzugehen und sich höhere Weihen in der Fachhochschule für Sozialarbeit in Düsseldorf zu erwerben. „Das war damals so eine AWO-Kaderschmiede“, blickt Broszik zurück.

Es kam, wie es in diesen Gründerjahren kommen musste. Die Obdachlosenarbeit war so gewachsen, dass sie einen professionellen Rahmen brauchte und Broszik, Radtke und andere hoben den Verein für Kinder- und Jugendarbeit in sozialen Brennpunkten aus der Taufe. Hier wurde Ernst Broszik zunächst Sozialarbeiter und später Geschäftsführer – die Ausbildung zum Kaufmann hat ihm dabei sicher nicht geschadet. Immerhin. Rund 24 Jahre lang baute er den sozialen Träger mit auf; „ eine tolle Zeit mit Höhen aber auch Tiefen“ blickt Erni zurück. Nebenher war er auch für die SPD aktiv, für die er u.a. von 1989 bis 1994 im Essener Stadtrat saß. Beruflich wechselte er Mitte der 1990er-Jahre nach Gladbeck und wurde Leiter des Sozialen Dienstes des dortigen Berufsbildungswerks. Nach rund sechs Jahren wurde das Heimweh nach Essen zu groß und Erni Broszik wurde bis zur Rente Leiter des Männerwohnheims der Gesellschaft für Soziale Dienste (GSE) in Stoppenberg. „Da bin ich heute immer noch mindestens ein Mal im Monat und spiele mit den Jungs Bingo oder Shuffleboard“, berichtet er.

Doch die meiste ehrenamtliche Zeit hat er sicherlich in die AWO gesteckt. Mitglied seit 1974, übernahm er nach dem Umzug 1980 mit der Familie nach Bergerhausen immer mehr Verantwortung, gründete mit der Vorsitzenden Liselotte Salamon u.a. den bis heute bestehenden „Club der jungen Alten“, wurde Vorstandsmitglied und später auch Vorsitzender, der er bis heute geblieben ist. Daneben ist er regelmäßig mit seiner „Quetsche“ und Ruhrgebietsprogramm, Schlagern, Wanderliedern und einigem mehr in vielen Einrichtungen der Essener AWO und anderer sozialer Träger unterwegs und gibt Konzerte – in Corona-Zeiten sind sie „Hofkonzerte“. Außerdem ist er tätig im Bürgerverein Bergerhausen und tritt auf u.a. als singender Nikolaus. Und damit es ihm nicht zu langweilig wird, ist er auch noch Mitglied im Ensemble der „Ruhrpott Revue“. Für ihn selbst ist das kein Stress: „Ich habe immer viele Dinge gemacht und genieße das sehr“, sagt er. So, wie eigentlich sein ganzes Leben lang. „Aber ich war fast nie allein tätig, es gab viele Begleiter, ohne die ich Aktivitäten nicht hätte durchführen können!“

Auch ihm setzt die Corona-Zeit zu: „Ich leide zur Zeit ganz besonders unter der Situation, dass sich Teilnehmer der Seniorengruppen und die aller anderen Aktivitäten in unserem AWO Haus während nicht treffen können. Gerade unsere älteren Mitbürger brauchen Kontakte, Solidarität und Zuwendung“.

 

75 Jahre/verheiratet/2 Kinder und stolzer Opa von 2 Enkeln: 7 und  11 Jahre

47 Jahre AWO Mitglied                                                                                          

9 Jahre AWO Vorsitzender in Bergerhausen

Mitbegründer des Projektes „ZWAR“  in Bergerhausen 2018. „Zwischen Arbeit und Ruhestand“. Für Menschen von 50 – 70 Jahren.

Autor*in Markus Grenz
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